Nationaler Aktionsplan Gesundheitskompetenz
„Mehr als die Hälfte der deutschen Bevölkerung verfügt über eine unzureichende Gesundheitskompetenz“, lautet das Ergebnis einer 2016 veröffentlichten Studie der Universität Bielefeld zum Thema Health Literacy (kliniksprecher.de berichtete). Als Reaktion auf das besorgniserregende Fazit haben Experten rund eineinhalb Jahre an einem Leitfaden zur Verbesserung der Gesundheitskompetenz gearbeitet. Am Montag hat das Leitungsteam den „Nationalen Aktionsplan Gesundheitskompetenz“ an den Schirmherren des Projekts, Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe (CDU), übergeben.
Patientenkommunikation im Fokus
Im Detail sieht der Aktionsplan vier Handlungsfelder mit 15 aufeinander abgestimmten Empfehlungen vor, um die Gesundheitskompetenz in Deutschland zu verbessern. Die Schlüsselrolle spielt dabei einmal mehr eine effektive Patientenkommunikation: „Kommunikationsprobleme können sich direkt auf die Behandlung und Versorgung auswirken und deren Qualität senken oder die Patientensicherheit gefährden“. Daher sollen alle Gesundheitsprofessionen ihre Vermittlungs- und Kommunikationskompetenz durch systematische Schulungen ausbauen. Zudem fordern die Autoren verbindliche Standards für die Erstellung verständlicher und erfahrungsnaher Patienteninformationen in leichter Sprache. Zwar werde in diesen Bereichen schon jetzt viel getan, doch habe das bisher nicht zum gewünschten Erfolg geführt. Der Aktionsplan setzt deshalb vermehrt auf die aktive Beteiligung von Patienten.
Die Experten werden den Aktionsplan durch weitere Grundlagen- und Evaluationsforschung begleiten. Denn gerade in diesen Bereichen gäbe es in Deutschland noch erhebliche Defizite. „Die Erforschung der individuellen, organisationalen und gesellschaftlichen Einflussfaktoren, die bei der Entwicklung von Gesundheitskompetenz eine Rolle spielen, ist daher wichtig, um die Ursachen von unzureichender Gesundheitskompetenz zu erfassen und die Entwicklung von effektiven Interventionen zu ermöglichen“.
Gesundheitskompetenz als gesamtgesellschaftliche Herausforderung
Ein Mangel an Gesundheitskompetenz erschwert es den Menschen, gesundheitsrelevante Informationen zu erkennen, zu verarbeiten und gesundheitsfördernd zu nutzen. Die Ursachen dafür liegen aber nicht nur in der Unwissenheit des Einzelnen. „Vielmehr wird Gesundheitskompetenz entscheidend dadurch geprägt, unter welchen gesellschaftlichen, lebensweltlichen und sozialen Bedingungen ein Mensch lebt und vor welche Anforderungen ihn seine Lebenssituation und sein Umfeld stellen“, heißt es im Aktionsplan. Die Experten sprechen sich daher für eine Vorgehensweise aus, die „über das Gesundheitswesen hinaus weitere Akteure aus anderen gesellschaftlichen Bereichen“ einbezieht. Ihr Ziel ist es, die Gesundheitskompetenz auch in alltäglichen Lebensbereichen wie Bildung, Arbeit, Konsum oder Medien zu stärken. Zudem sei die soziale und kulturelle Vielfalt der Gesellschaft zu berücksichtigen.
Die 15 Empfehlungen im Überblick
- Das Erziehungs- und Bildungssystem in die Lage versetzen, die Förderung von Gesundheitskompetenz so früh wie möglich im Lebenslauf zu beginnen
- Die Gesundheitskompetenz im Beruf und am Arbeitsplatz fördern
- Die Gesundheitskompetenz im Umgang mit Konsum- und Ernährungsangeboten stärken
- Den Umgang mit Gesundheitsinformationen in den Medien erleichtern
- Die Kommunen befähigen, in den Wohnumfeldern die Gesundheitskompetenz ihrer Bewohner zu stärken
- Gesundheitskompetenz als Standard auf allen Ebenen im Gesundheitssystem verankern
- Die Navigation im Gesundheitssystem erleichtern, Transparenz erhöhen und administrative Hürden abbauen
- Die Kommunikation zwischen den Gesundheitsprofessionen und Nutzern verständlich und wirksam gestalten
- Gesundheitsinformationen nutzerfreundlicher gestalten
- Die Partizipation von Patienten erleichtern und stärken
- Gesundheitskompetenz in die Versorgung von Menschen mit chronischen Erkrankungen integrieren
- Einen gesundheitskompetenten Umgang mit dem Krankheitsgeschehen und seinen Folgen ermöglichen und unterstützen
- Fähigkeit zum Selbstmanagement von Menschen mit chronischen Erkrankungen und ihren Familien stärken
- Gesundheitskompetenz zur Bewältigung des Alltags mit chronischen Erkrankungen fördern
- Die Forschung zur Gesundheitskompetenz ausbauen
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