Studie zeigt mehrheitlich positive Einstellung der Deutschen zur Digitalisierung der Medizin
„Die Digitalisierung bietet der Medizin mehr Chancen als Risiken“: Diesen Satz würde die Mehrheit der Deutschen unterschreiben. Das zeigte kürzlich eine im Auftrag des Digitalverbands Bitkom durchgeführte repräsentative Befragung der Bitkom Research. Allerdings wird in der Studie deutlich, dass sich die Verbraucher Sorgen um den Schutz ihrer Daten machen. Und auch die Fülle an Informationsangeboten im Internet bereitet vielen Deutschen Probleme.
Thema Telemedizin größtenteils positiv bewertet
Besonders im Bereich der Telemedizin – der Gesundheitsversorgung über räumliche Entfernungen oder zeitlichen Versatz hinweg – sehen die Deutschen großes Potenzial: So würde jeder Fünfte (20 Prozent) im Krankheitsfall seine Vitalwerte auch telemedizinisch überwachen lassen. Gesundheitsdaten, wie beispielsweise Blutdruck- und Blutzuckerwerte, würden dabei mithilfe von sogenannten Wearables gesammelt und digital an medizinisches Fachpersonal übermittelt werden. Bei Unregelmäßigkeiten oder Auffälligkeiten erhielten die Nutzer dann eine entsprechende Information. Weitere 39 Prozent könnten sich zumindest vorstellen, einem solchen Versorgungskonzept zuzustimmen. Somit stehen insgesamt sechs von zehn Deutschen dem sogenannten Tele-Monitoring offen gegenüber.
Was das Thema Online-Sprechstunden angeht, ist die Reaktion der Befragten in der Bitkom-Umfrage durchwachsen: 17 Prozent der Befragten würden dieses Angebot auf jeden Fall nutzen. Weitere 16 Prozent könnten es sich zumindest vorstellen. Als große Vorteile betrachten sie zum einen die bessere Erreichbarkeit räumlich weit entfernter Ärzten (57 Prozent). Für 43 Prozent der Befragten spricht ein Wegfall von Wartezeiten, für 29 Prozent der Wegfall der Anfahrtszeit für die Einführung von Online-Sprechstunden.
Gleichzeitig machen sich 67 Prozent der Befragten jedoch Sorgen, dass durch den fehlenden persönlichen Kontakt mit dem behandelnden Arzt das Risiko einer Fehlbehandlung steigt. Mit 52 Prozent ist gut die Hälfte der Meinung, dass das Verhältnis zwischen Arzt und Patient unter einem telemedizinischen Versorgungskonzept leiden würde. Nach Aussage von Dr. Bernhard Rohleder, Hauptgeschäftsführer der Bitkom, profitieren Arzt und Patient gleichermaßen von der Online-Sprechstunde. „Die Online-Sprechstunde wird die Präsenz-Sprechstunde nicht ersetzen, sondern ergänzen“, erklärt er weiter.
Viele weitere Möglichkeiten dank Digitalisierung
Für Rohleder sei es ein großer Fortschritt, dass durch das E-Health-Gesetz erste Telemedizin-Anwendungen, wie die digitale Übermittlung von Röntgenbildern sowie auch die Online-Sprechstunde, freigegeben wurden. Seiner Ansicht nach müssen künftig schnell weitere Anwendungen folgen.
Technisch ist es beispielsweise bereits möglich, dass der Spezialist während der Operation aus der Ferne per Video zugeschaltet wird. 14 Prozent der Befragten würden einem solchen Eingriff zustimmen. Weitere 45 Prozent könnten sich diese zukünftige Operationstechnik zumindest vorstellen, sodass sich das Gesamtinteresse auf 59 Prozent beläuft. Darüber hinaus ermöglichen moderne Big-Data- und Datenanalysen-Technologien bereits, dass Erbgut auf Gesundheitsrisiken untersucht wird. Fast drei Viertel der Befragten (72 Prozent) zeigen sich dafür offen.
Datenschutz ist ein großes Thema
Allerdings sehen 82 Prozent der Befragten eine große Gefahr im Missbrauch von Gesundheitsdaten. Den Deutschen ist es folglich wichtig, dass ihre eigenen Daten optimal geschützt werden. Dann würden sie sich durchaus dazu bereiterklären, persönliche Daten und Informationen zu Symptomen und Krankheitsverlauf bereitzustellen: Sie könnten sich beispielsweise vorstellen, damit die langfristige Erforschung von Krankheiten zu unterstützen (75 Prozent), kurzfristig anderen Patienten zu helfen (67 Prozent) oder zur Entwicklung von Medikamenten und Therapien beizutragen (61 Prozent).
„Medizinische Daten können im Gesundheitssektor Leben retten“, so Rohleder. Daher sei es wichtig, sie konsequent und klug zu nutzen. Er betont: „Ein Höchstmaß an Datenschutz ist dabei Voraussetzung.“
Vermehrte Informationssuche im Internet birgt Risiken
Dass digitale Technologien schon heute einen großen Stellenwert einnehmen, zeigt sich unter anderem in der Selbstverständlichkeit der Gesundheitsrecherche über das Internet. Zwei Drittel der Befragten (64 Prozent) geben an, sich online Informationen zu beschaffen, jeder Fünfte sogar mindestens einmal im Monat. Dabei zählen gesunde Ernährung (66 Prozent), Krankheitssymptome (59 Prozent) sowie mit jeweils 48 Prozent Fitness / Sport und alternative Behandlungsmethoden zu den Top-Themen. „Patienten sind dank des Internets heute so gut informiert und so mündig wie nie zuvor“, erklärt Rohleder. Er ist der Meinung, dass diese Entwicklung den Erfolg von Therapien enorm unterstützen kann. Das verbesserte Wissen führe zum Beispiel zu einer Steigerung der Therapietreue der Patienten.
Doch jeder Zweite hat bereits Probleme damit, sich bei der Fülle an Gesundheitsinformationen zurecht zu finden. 20 Prozent der Befragten, die online recherchieren, geben an, sich häufiger als früher Sorgen um ihren Gesundheitszustand zu machen. Rohleder macht deutlich, dass der Kontakt zum Behandelnden trotz beziehungsweise gerade wegen des ständig steigenden Informationsangebot im Internet wichtig ist. Aufgrund einer Information aus dem Internet solle man so zum Beispiel keine eigenmächtigen Therapieänderungen vornehmen oder sich in Panik versetzen lassen.
Studie zeigt positive Haltung der Deutschen
Zusammengefasst stehen die Deutschen dem Thema Digitalisierung positiv gegenüber. 61 Prozent der Befragten sind der Meinung, dass die Entwicklungen mehr Chancen bieten als Risiken. Insgesamt wurden in die Befragung 1009 Deutsche ab 14 Jahren, darunter 783 Internetnutzer einbezogen. Weitere Informationen und Ergebnisse finden Sie auf der Internetseite des Digitalverbands Bitkom.